#netbeat 14/16: Digitale Bildung für Geflüchtete, Satirezensur und PanamaPapers

Digitale Bildung für Geflüchtete, Satirezensur und PanamaPapers

Wo muss ich mich melden, wo kann ich schlafen, essen und einen ersten Unterschlupf finden? Viele dieser Fragen von Geflüchteten können mittlerweile auf schnelle und individuelle Weise digital beantwortet werden. Eine Netzwerkveranstaltung bemüht an diesem Freitag und Samstag darum die digitalen Bildungsangebote aufzuzeigen und die Akteure zu vernetzen. Wir stellen ausgewählte Projekte vor.

Im #netbeat_reloaded findet ihr wie immer die besten Links der Woche. Kuratiert von den Kooperateur_innen für euch: das Beste aus Netzpolitik, Kultur, Medien, digitaler Bildung, Politik und Zeitgeschichte.

Klar, auch wir können uns einen Kommentar zu den #PanamaPapers nicht verkneifen, wollen aber eigentlich über die Qualität von „Schmähgedichte“ und das #mausgerutscht der FDP sprechen.

 

INHALT

Digitale Bildungsangebote für Geflüchtete

#DiBiGe16: Open Space Digitale Bildung und Geflüchtete

Ankommen – die App des Goetheinstituts

Asyl Plus: Computergestütztes Lernen für Geflüchtete

MOOC Ready for Study – wie Geflüchtete den Weg ins Studium finden können

Hotel California – Pädagogische Arbeit im Kurzspielfilm

 

#netbeat_reloaded

Satirezensur

PanamaPapers

#mausgerutscht a là FDP

 

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#DiBiGe16: Open Space Digitale Bildung und Geflüchtete

Viele der Geflüchteten haben in ihren Herkunftsländern eine gute Schulausbildung genossen, einen Beruf erlernt oder studierten, bevor sie fliehen mussten. Sie brauchen vor allem Unterstützung beim Spracherwerb und bei der Überwindung der bürokratischen Hürden, um in der Gesellschaft anzukommen, vielleicht sogar in Deutschland ihr Studium fortzusetzen. Andere sind weniger gut ausgebildet, tun sich vielleicht sogar beim Lesen und Schreiben schwer. Geflüchtete haben sehr unterschiedliche Bedürfnisse, was Bildung angeht. Aber auch die Zahl der Helfer und Bildungsinstitutionen und ihrer Bildungsangebote sind vielseitig. Vor allem im Bereich der Digitalen Bildung bzw. mobile Bildungs- und Online-Angebote kann sinnvoll individuell gefördert werden, wo im analogen Raum sich die Möglichkeiten erschöpfen. Die Werkstatt der Bundeszentrale für politische Bildung veranstaltet in Zusammenarbeit mit dem Goetheinstitut und dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge sowie dem Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen am 8.-9-April 2016 eine Netzwerkveranstaltung. Dort geht es darum, die einzelnen Akteure zu vernetzen, gute Beispiele und Ansätze sichtbar zu machen und sich über bisher gewonnene Erkenntnisse auszutauschen.

Wir stellen vorab einzelne Projekte vor und wollen vor allem die Bandbreite der Ansätze und Bildungsangebote zeigen.

Screenshot: Ankommen App

Screenshot: Ankommen App

 

Ankommen– die App des Goetheinstituts

von Caroline Böhme

Wo muss ich mich melden, wo kann ich schlafen, essen und einen ersten Unterschlupf finden? Und vor allem: Wie geht es weiter? Diese existenziellen Fragen und wahrscheinlich noch viele weitere kommen in den Köpfen von Geflüchteten auf, sobald sie ihr (Zwischen-)Ziel erreicht haben. Doch woher die nötigen Infos bekommen? Vor allem die Sprachbarriere stellt ein großes Problem dar.

Neben den vielen freiwilligen Helfern tut sich auch im Digitalen was: Mit „Ankommen“ trägt eine App einen einfachen Namen für einen so schwierigen Prozess. Entwickelt wurde sie von einem 80-köpfigen Team, gestellt vom Goethe-Institut, dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, der Bundesagentur für Arbeit und dem Bayerischen Rundfunk. In fünf Sprachen (neben Deutsch, Englisch und Französisch auch in Arabisch und Farsi) programmiert, soll sie den in Deutschland vorerst Gestrandeten das wirkliche Ankommen erleichtern.

Die App bietet allererste Informationen in vier verschiedenen Bereichen. Neben den ersten Schritten nach der Ankunft und allgemeinen Hinweisen zum Leben in Deutschland erklärt die App auch Fragen bezüglich Asylverfahren und Arbeitsrecht. Zusätzlich bietet sie einen Sprachkurs, in dem interaktiv Sprechen, Lesen, Schreiben und Hörverstehen des Deutschen gelernt werden kann. Erste Feldversuche wurden positiv angenommen. Auch wenn die App viele wichtige Informationen zusammenfasst, kann sie dennoch keinen Integrationskurs ersetzen. Offen bleibt die Frage, woher die Geflüchteten von der App erfahren.

Screenshot AsylPlus

Screenshot AsylPlus

Asyl Plus – Computergestützes Lernen für Geflüchtete

von Patrick Stegemann

Asylplus möbelt alte Computer auf und entwickelt eine Sprachlernsoftware für Asylbewerber_innen. Initiiert wurde das Projekt von der 67-jährigen Waltraud Haase. Die Idee ist einfach: Die Asylplus-Software bündelt vorhandene Deutsch-Angebote – beispielsweise der Deutschen Welle – und fasst sie auf einer gemeinsamen Plattform zusammen. Das Programm ist kostenlos und zur Zeit arbeitet das Team um Waltraud Haase auch an einer entsprechenden App-Lösung.

Hotel California from DirectorsCut on Vimeo.

Hotel California – Aufklärungsarbeit im Kurzspielfilm

von Tim Holland

Welche Möglichkeiten gibt es pädagogische Arbeit zu verrichten? Sehr viele. Unter anderem auch die Möglichkeit tolle Kurzfilme zu drehen. Die Hüller Medienwerkstatt e.V. und das ABC Bildungs und Tagungszentrum haben zusammen mit vielen weiteren Partnern und unter der Leitung von Regisseur Patrick Merz im letzten Jahr den 30-Minüter „Hotel California“ umgesetzt. Von den ersten Ideen über den groben Plot bis zu den Rollen wurde der Film von „Norddeutschen aus aller Welt“ entwickelt. Dabei ging es vor allem um den gemeinsamen Prozess, Vorurteilen gegenüber den anderen zu begegnen und Differenzen auszudiskutieren. Das Ergebnis ist ein humorvoller Kurzfilm über Geflüchtete, die in der norddeutschen Pampa unter vollem Einsatz ein bankrottes Hotel retten. Unter freier Lizenz soll der Film an möglichst vielen Orten gezeigt werden. Einfach anschreiben.

 

MOOC – Ready for Study 

von Sophia Koistinen

In dem MOOC der Bundesagentur für Arbeit  werden Lernmaterialien zur Verfügung gestellt, Fragen zum interkulturellen Miteinander beantwortet und Aufgaben in Arbeitsgruppen bearbeitet. In 12 Wochen bietet die multimediale Plattform ein praxisnahes Training um Geflüchteten das deutsche Hochschulbildungssystem näher zu bringen. All das, um ihnen das nötige Wissen und Selbstbewusstsein zu vermitteln, ihr Wunschstudium in Deutschland anzufangen.


#netbeat_reloaded: Was sonst diese Woche noch los war

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Screenshot: Twitter

Tucholsky hat gelogen. Satire darf nicht alles! Zumindest meint das das ZDF und löschte das „Schmähgedicht“ von Böhmermann aus ihrer Mediathek. Die Parodie zum Umgang des türkischen Präsidenten mit Satire entspricht nicht den Ansprüchen, die das ZDF an die Qualität von Satiresendungen stellt, so der Sender. Volle Zustimmung! Es handelt sich wirklich um ein ausgesprochen schlechtes Gedicht! Wer „Döner“ auf „schöner“ reimt, der kriegt es mit der ZDF-Lyrik-Polizei zu tun. Über die Qualitätskriterien von Satire beim ZDF würden wir uns aber angesichts der heute-show und Co. dann doch auch gern mal unterhalten.

Zum justizablen Teil der „Schmähkritik“: In der deutschen Verfassung  steht das Persönlichkeitsrecht über dem Recht auf freie Meinungsäußerung. Wer dieses Recht „bewusst verletzt“ (und so hat es Angela Merkel bereits beurteilt), dem drohen laut deutschem Recht drei bis fünf Jahre Haftstrafe. In der Türkei sicherlich noch Einiges mehr. Die Mainzer Staatsanwaltschaft hat nun die Ermittlungen aufgenommen. Bisher glaubt aber keiner daran, dass der deutsche Meinungsmacher Nr. 1 in den Knast geht.

Das Ganze könnte ein schlechter Aprilscherz sein, wenn es nicht doch eine pikante Note gäbe. Erdogan hat in der Türkei seit Amtsantritt rund 2.000 Verfahren wegen Präsidentenbeleidigung eingeleitet. Gegen unliebsame Journalisten und Minderjährige, die im pubertären Eifer den selbstherrlichen Präsidenten schmähten.

Böhmermann selbst war von der Löschung nicht überrascht und vermeldete via Facebook: „Ich denke, wir haben heute am 1. April 2016 gemeinsam mit dem ZDF eindrucksvoll gezeigt, wo die Grenzen der Satire bei uns in Deutschland sind. Endlich!“ TH

Screenshot: Twitter

Screenshot: Twitter

Mit den #PanamaPapers gelang der Süddeutschen Zeitung wohl der größte Investigativ-Coup der deutschen – und nach einschalten des International Consortium of Investigative Journalists auch internationalen – Pressegeschichte. Handelte es sich um Unverschämtes Glück oder Bestimmung, dass sich ein gewisser John Doe mit seinem pikanten Informationsmaterial ausgerechnet an die Münchner wandte? Das werden wir wohl nie erfahren. Die Umsetzung der Gesamtstory gelang dem SZ-Team zweifellos ausgezeichnet. Das für diese Aufgabe durchaus dramaturgisches Geschick nötig ist, darüber waren sie sich auch im Kreis der Redaktion bewusst.

Kurz zum Inhaltlichen: Wem trotz medialem Flächenbrand und ARD Schlummer-Doku immer noch nicht so ganz klar ist, was es mit so einer Briefkastenfirma eigentlich auf sich hat, dem sei diese Reddit-Perle ans Herz gelegt (jetzt.de bietet eine Übersetzung ins Deutsche).

Aber wer hat den jetzt eigentlich so rein gar nichts von der Geschichte? Da wäre einmal der Isländische Premier Gunnlaugsson, der immer noch über die Sinnhaftigkeit einer Fortsetzung seiner Amtstätigkeit nachzudenken scheint. Oder eben die Panamaische Regierung, die über ihre Botschafterin  in Madrid dem Journalismus fehlende Objektivität vorwirft. Viel lieber wäre es den Südamerikanern, das ganze Projekt würde unter dem Namen #MossackFonsecaPapers firmieren. Zumindest in Deutschland hatte das Land  bisher dank Janoschs Meisterwerke das Rundum-sorglos-Image fest gebucht.

Die finale Frage: Was erwartet uns noch? Hierzulande fehlen bisher noch die großen Köpfe mit entsprechend aufsehenserregender Fallhöhe. Auch wenn die SZ FAQ deren Existenz bestreitet – sag niemals nie! BT

Screenshot: jetzt.de

Screenshot: jetzt.de

Mal wieder # #mausgerutscht?!

Nach Beatrix von Storch ist mal wieder jemand mit der Maus ausgerutscht. Dieses Mal traf es die FPD, die aus Versehen Holocaust-Anspielungen machte. Entschuldigung der Partei zum mittlerweile gelöschten Post: ein Dienstleister hätte den Tweet abgesandt. Das wirft einerseits die Frage auf, wer im Hause der Liberalen einen Zugang zum offiziellen Account hat, andererseits wen die FDP da so beschäftigt… CB

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