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Foto: pixabay.com

Der Europäische Gerichtshof hat Anfang September die Linkfreiheit eingeschränkt. Von Baran Korkmaz

Im Grunde tut es jeder. Jeden Tag. Mehrmals: Links setzen. Links teilen. Im Grunde also: Kommunizieren. Aber ist es in Zukunft aus damit? Könnte bald diese Meldung erscheinen: „Dieser Link ist in deinem Land nicht verfügbar.“?

Aber der Reihe nach: Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat am 8. September nach Meinung verschiedener Experten die Linkfreiheit eingeschränkt. So kann schon das Verlinken auf Online-Inhalte eine Urheberrechtsverletzung bedeuten – sofern es sich um einen kommerziellen Anbieter handelt und dieser auf rechtswidrige Inhalte verlinkt. Ferner ist entscheidend, dass eine „Gewinnerzielungsabsicht“ vorliegt und ein Wissen um die Urheberrechtsverletzung auf die verlinkten Seite vorhanden war.

Für kommerzielle Nutzer hieße das also von nun an: Schon beim Verlinken von YouTube-Videos oder Bildern von Flickr müsste vorab geklärt werden, ob der Veröffentlichung auf eine andere Seite zugestimmt wurde. Und dass Urheberrechtsverletzungen beim Verlinken von z.B. File-Sharing oder illegalen Videos-Uploads mit Gewinnerzielungsabsicht vorliegen, liegt auf der Hand. So weit, so gut.

Das Urteil schafft Rechtsunsicherheit

Aber ab wann ist etwas kommerziell oder nicht-kommerziell? Was ist z.B. mit Online-Journalisten, kleineren journalistischen Portalen oder Blogs, die mit ihrer Arbeit vielleicht auch Gewinne erzielen wollen bzw. müssen: können diese sich dann noch auf die Presse- und Kommunikationsfreiheit berufen oder fallen sie nach dem EuGH-Urteil nicht automatisch auch unter die Kategorie kommerzieller Nutzer? Eine Google-Anzeige oder ein Flattr-Button auf der eigenen Seite würden schon bedeuten, eine Gewinnerzielungsabsicht zu verfolgen. Und können dann eigentlich noch „geleakte“ Dokumente verlinkt werden, die ja auch urheberrechtlich geschützt wären?

So oder so: Für kleinere Online-Berichterstatter wäre es extrem kostspielig und zeitintensiv, verlinkte Inhalte juristisch überprüfen zu lassen. Und im Zweifelsfall müssten sie selbst beweisen, dass sie von der Urheberrechtsverletzung nichts wussten. Es scheint also eher realitätsfremd, dass ohne eine ordentliche Rechtsabteilung der urheberrechtliche Status sämtlicher Inhalte auf Websites überprüft werden kann, auf die verlinkt wird.

Befürchtet wird daher, dass kleinere Inhaltsanbieter in Zukunft darauf verzichten werden, Links auf fremde Webseiten zu setzen – wodurch die Kommunikations- und Informationsfreiheit erheblich beeinträchtigt werden würde.

Was ist öffentlich, was ist privat?

Und grundsätzlicher ließe sich im Übrigen fragen, wo und wie sich die Grenze zwischen privat und öffentlich ziehen lässt? Die Öffentlichkeit wird immer pluraler. Auf Facebook, Youtube oder Twitter werden Meinungen publik gemacht, geteilt, kommentiert. Diskurse zerfasern in der digitalen Gesellschaft in Paralleluniversen, Öffentlichkeit spaltet sich zunehmend in isolierte Sphären.

Besonders auf Facebook wird dies deutlich: Während ich meinem eigenen Selbstverständnis nach privat agiere, bewege ich mich doch gleichzeitig in einem öffentlichen „Raum“. Wenn also nicht-kommerzielle bzw. private Nutzer Memes mit fremden Bild- und Videomaterial erstellen: verletzt das nicht Urheberrecht? Wie steht es um die Remix-Kultur im Netz? Oder würden mit diesem Urteil private Nutzer endlich verschont bleiben von Urheberrechtsverletzungen, da sie ja keine „Gewinnerzielungsabsicht“ haben?

Schützt das Urteil am Ende also sogar private Internetnutzer? Geht so. Denn auch Privatnutzer wären letztlich vor Abmahnungen nicht gefeit, sobald sie Kenntnis von Urheberrechtsverletzungen auf die verlinkte Seite hatten. Aber wie soll das im Nachhinein nachgewiesen werden? Außerdem kann sich der Inhalt eines Links immer ändern, ohne dass man es mitbekommt.

Schon allein diese Fragen zeigen, dass dem Urteil vorerst noch weitere folgen dürften. Tipps, was beim Teilen von geistigem Eigentum von z.B. Bildungsmaterialen zu beachten ist, hat sich die Kooperative vor Kurzem im Videointerview mit John H. Weitzmann (Experte im Urheber- und Medienrecht) geben lassen

Und abseits dieser richtungsweisenden Entscheidung des EuGH, hier noch ein paar grundsätzliche von der Kooperative erstellte Informationen über „Creative Commons“-Lizenzfragen . Und abschließend für die Pessimisten unter euch: Manch einer geht sogar so weit, CC-Lizenzen als gescheitert zu betrachten, da die Einschränkungen so stark seien, dass sie kaum freie Nutzung erlaubten und das professionelle Arbeiten erschwerten.

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