#netbeat 7/16: Berlinale olé

Berlinale olé

Die Berlinale läuft schon seit einer Woche, da sind wir mal unter dem Radar geflogen, haben uns außerhalb des Wettbewerbsprogramms umgesehen und dabei einiges entdeckt: Auch die Berlinale heißt die #refugeeswelcome; Nikolaus Geyrhalters sehenswerter neuer Film Homo Sapiens, der von einer Welt nach den Menschen berichtet sowie Filmfeinkost à la Kaputt über das DDR-Frauengefängnis „Hoheneck“, von Kurzfilmspezialisten, die ihr sowieso kennenlernen müsst. Und, in der Mediathek des ZDFs, für alle, die es nicht in die Warteschlange schaffen: Operation Naked, eine grandiose Mockumentary über Daten-Brillen.

Im #netbeat_reloaded findet ihr wie immer die besten Links der Woche. Kuratiert von den Kooperateur_innen für euch: Das Beste aus Netzpolitik, Kultur, Medien, digitaler Bildung, Politik und Zeitgeschichte. Dieses Mal mit einem aus- und abschweifenden Streiflicht zum Wahlkampf in einer närrischen Zeit, einer Sammlung von Dingen, die so aussehen wie deine Kleidung, dem Hinweis auf das Thema, mit dem wir uns aktuell in der Netzdebatte befassen: „Zukunft der Arbeit“ und passend dazu unsere Veranstaltung Feierabend 4.0.

Im #indiskret-Interview steht dieses Mal Markus, Mitbegründer der Kooperative Berlin, Rede und Antwort: zu Investmentrunden, Hooverboards und anderen Weltanschauungen.

INHALT

und sonst so

Berlinale heißt die #refugeeswelcome

von Bastian Tittor

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Quelle: gemeinfrei

79.403 Menschen aus aller Welt haben in Berlin im vergangenen Jahr eine neue Heimat gefunden. Diese Woche könnten sie alle erstmalig beim größten Filmfestival Deutschlands dabei sein.
Damit es schlussendlich auch zu einer Teilnahme kommt, hat das Organisationsteam der Berlinale einige Initiativen ins Leben gerufen, die insbesondere Geflüchteten den Zugang erleichtern sollen. So vermittelt das Programm „Patenschaften für Kinobesuche“ in Zusammenarbeit mit verschiedenen gemeinnützigen Organisationen ein gemeinsames Filmerlebnis von Neulingen und Stammgästen. Auf Basis von ehrenamtlichem Engagement soll somit ein kultureller Austausch entstehen und eventuell bereits bestehende Beziehungen verstärkt werden. Im schulischen Bereich plant das seit über einem Jahrzehnt in der Medienpädagogik sehr aktive Programm Generation einigen der Berliner „Willkommensklassen“ den Besuch einer Berlinale-Vorstellung zu ermöglichen.
Ebenfalls will die Berlinale berufliche Orientierung anbieten. In Kooperation mit dem Beratungs- und Betreuungszentrum für junge Flüchtlinge und Migranten bekommen Geflüchtete die Gelegenheit, im Rahmen der Berlinale in verschiedenen Tätigkeitsbereichen zu hospitieren.
Joberfahrung kann beispielsweise im Foodtruck des sardischen Sternekochs Roberto Petza gesammelt werden. Dort wird unter dem Motto „Über den Tellerrand kochen“ Essen aus dem Mittelmeerraum zubereitet.
Weiterhin rufen die Berlinale-Macher am Eröffnungsabend an vielen Stellen zu einer Spende für das „Behandlungszentrum für Folteropfer Berlin“ auf. Dieses Projekt kann hier auch online unterstützt werden.
Das Thema Flucht sei für das Event laut Berlinale-Chef Dieter Kosslick keinesfalls Neuland. Auch in früheren Ausgaben war das Filmfest damit beschäftigt. Dennoch ist man sich auf Seite der Ausrichter der diesjährigen besonderen Bedeutung bewusst. Bleibt lediglich abzuwarten, in welchem Maß es gelingt, dass die geschaffenen Zugangsmöglichkeiten auch tatsächlich von ihrer Zielgruppe erreicht werden.

Kaputt – Empfehlung! aus der Kurzfilmsektion

von Miriam Menzel

Auf der Berlinale16 gibt es Filme in (fast) allen Längen. Zum Beispiel den längsten Festival-Beitrag aller Zeiten: „Hele Sa Hiwagang Happig“ (485 min., mit 60 Minuten Pause). Die Berichterstattung zu diesem Film wurde unter Filmrezensent_innen abwechselnd als „Schwarzer Peter“ oder „Arschkarte“ gehandelt. Ganz anders dagegen die Kurzfilmsektion „Berlinale Shorts“ (Obwohl… Wer alle Kurzfilme hintereinander guckt, kommt auch auf ca. 6 Stunden. Laut Netzpilotin Hella Wittenberg „echt kein Zuckerschlecken“).
Nur sieben Minuten dauert der Berlinale-Shorts-Beitrag „Kaputt“ – ein Animationsfilm mit Doku-Elementen über das zentrale DDR-Frauengefängnis „Hoheneck“. In diesen sieben Minuten entsteht nicht nur ein eindrückliches Bild von den damaligen Lebensbedingungen der Gefangenen und der von ihnen geleisteten Zwangsarbeit, von der auch der Westen massiv profitierte. Deutlich wird auch, dass die psychischen Folgen der Haftzeit bis heute andauern.
Die eindrücklichen kurzen Audiopassagen in „kaputt“ stammen von den Zeitzeuginnen Gabriele Stötzer und Birgit Willschütz, die aus politischen Gründen auf der „grauen Burg“ inhaftiert waren. Sätze wie „Wir sahen toll aus! Wie weibliche Krähen mit Lippenstift“ brennen sich durch die monochromen Zeichnungen von Illustrator und BTK-Professor Volker Schlecht noch stärker ein. Das Drehbuch stammt von den Kulturingenieuren, deren online frei verfügbare Kurzfilme über Friedrich den Großen, den Aufstand vom 17. Juni 1953 oder die Fluchtgeschichte von Micki nicht minder sehenswert sind.

 

Homo Sapiens – Eine Welt schöne Welt ohne Menschen

von Johannes Girke

Im Film Homo Sapiens werdet ihr keinen Menschen sehen. Ihr werdet sehen, was vom Menschen zurückgeblieben sein wird, wenn er mal nicht mehr ist.   In statischen Einstellungen erzählt der Österreicher Nikolaus Geyrhalter, der schon mit Abendland und Unser täglich Brot große Dokumentationen vorgelegt hat, vom Verschwinden des Homo Sapiens. Die Rückeroberung der Natur wird hier in Videogemälden gezeigt. Eine atemberaubende Toncollage führt uns den Weg aus einem Dokumentarfilm in das Narrativ des Verschwindens.  Anfangs auf einem Parkplatz im verlassenen Fukushima, scheint es noch möglich, dass jemand zurückkommen könnte – bei den Bildern von Bäumen, die das hinterlassene Militärgerät durchwachsen, wird aber klar; wer einmal hier war, wird nicht mehr zurückkehren. Gedreht wurde in ganz Europa, Argentinien und den Vereinigten Staaten. Entstanden sind Tableaus einer Zukunft, die aber sehr viel mehr über unsere Gegenwart erzählt als es uns lieb sein dürfte.  Der Film wurde in Dolby Atmos nachvertont, und wer die Gelegenheit hat, ihn in einem der Berlinale Kinos zu sehen, sollte das unbedingt tun.

Operation Naked: Kleines Fernsehspiel im ZDF

von Tim Holland

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Wer keine Karte abbekommen hat oder die eigene Couch den roten Kinosesseln vorzieht, für den haben wir dieser Tage etwas Besonderes. Unter der Regie des Netz-Journalisten Mario Sixtus hat das ZDF (offizieller Partner der Berlinale) ein kleines Fernsehspiel produziert, das in seiner Machart und Thematik hart am Wind der Gegenwart segelt. Mit im Boot: das ganze Aufgebot der ZDF-Moderatoren, von Klaus Kleber über Dunja Hayali bis Markus Lanz.

In „Operation Naked“ hat ein kleines Berliner Start-Up unter der Leitung der gesichtsblinden Michelle Spark die Real-o-Rama-Brille entwickelt – das sind in etwa die deutschen Google Glasses. Dank der Brille ist Gesichtserkennung möglich und natürlich die Anzeige aller im Netz zu findenden Daten zu einer Person oder einem Objekt. Klar, dass dies mediales Interesse mit sich bringt. Die ehrenwerten ZDF-Moderatoren haben in ihren real existierenden Fernseh-Formaten kleine Sequenzen eingesprochen, die sich mit der innovativen Technik auseinandersetzen. Das Ganze ist sehr kunstvoll zu einer Mockumentary zusammengeschnitten, sodass der eine angefangene Satz oft erst in der nächsten Filmsequenz beendet wird. Allein das Collageverfahren macht Freude. Im Film tritt neben den Befürwortern der neuen Technik aber auch eine Verschwörung aggressiver Datenschützer auf den Plan: die Aluköpfe. Es folgen Zensur und Mord. Leider stechen die Filmteile, die von Schauspielern übernommen werden, deutlich hervor. Sie entlarven die Dokumentation als fiktiv, denn sie schauspielern. Die Moderatoren tun, was sie immer tun, und moderieren souverän wie eh und je. Was den Film aber sehenswert macht, ist die ernsthafte Ausleuchtung des Themenkomplexes von innovativer Technik, Datenschutz und Freiheit. Ganz ohne Fingerzeig. Das war in dieser Form nicht zu erwarten.

Ab sofort in der Mediathek oder am 22. Februar um 23.55 Uhr live im ZDF.

#netbeat_reloaded: Was sonst diese Woche noch los war

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Dinge, die so aussehen wie du: „Happy little coincidence“, hätte Bob Ross wohl dazu gesagt. Wenn Dinge so aussehen wie du oder du so angezogen bist wie die Dinge um dich herum. TH

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Quelle: https://goo.gl/xhOf9u Lizenz: CC BY 2.0

Von der Wiener Hofburg über New Hampshire bis Prenzlauer Berg
Wahlkampf, Kostüme, Narretei

Tim Holland

Die fünfte Jahreszeit klingt so langsam ab, da wird’s in der Politik noch mal richtig närrisch.
Richard Lugner will in die Wiener Hofburg einziehen. Dafür müsse der Wahlkampf aber interessant sein. Unter dem Motto „Der Kasperl gewinnt immer“ möchte nun „Mörtel“ einen Wahlkampf wie Donald Trump führen („Nur weniger Wildwest“) und durch die Bundesländer touren. Großer Pluspunkt für ihn: „Ich weiß jedes Wirtshaus, weiß, wo das Klo ist.“

Vorbild Trump war zuletzt dadurch aufgefallen, dass er offen rassistische Tweets weiterverbreitete und fühlte sich nach der Wahl in Iowa von seinem republikanischen Mitkandidaten Ted Cruz um den Sieg betrogen, woraufhin er zum Verschwörungstheoretiker mutierte.

Jeb Bush wiederum hält @realdDonald Trump schlichtweg für einen loser, liar und whiner und zieht seinerseits mit Schußwaffen, seiner Mutter Barbara und seinem großen Bruder Georg W. in den Wahlkampf. Der neu entdeckte Familiensinn ist wohl der letzte Ausweg. Die Huffington Post hat ausgerechnet, dass Jeb in New Hempshire 1.150$ pro Stimme zahlte, gerade der Milliardär Trump hingegen nur 40$. Das Politikestablishment kommt also in Bedrängnis und das nicht einmal durch die finanziellen Mittel der Bewerber aus dem Volk. Es ist alles eine Frage der Aufmerksamkeitsökonomie. Denn wo so viel neuer Wind gemacht wird, kann bei den alten politischen Eliten nur Flaute sein.

Selbst im Demokratischen Lager liegt „Bernie“ Sanders, der mit altlinken Parolen die Jugend zum Jubeln bringt, im Aufwärtstrend und versucht mit Eric Garners Tochter nun auch die Bürgerrechtsbewegung zu gewinnen. Die Wahl in New Hampshire zeigte, dass er damit die grundsolide Hillary Clinton schon in Schwierigkeiten bringen kann.

Damit kommen wir nach Deutschland. Verkleiden ist hier groß in Mode. Markus Söder schätzt die fränkische Fastnacht und provoziert seit Jahren gerne in ausgefallenen Kostümen. Dieses Jahr als Mahatma Gandhi. Sein Kollege, der CSU-Seehofer machte letzte Woche den AFD-Horst (SZ) und behauptete, die Flüchtlingspolitik sei eine „Herrschaft des Unrechts“. Das schlug wiederum so hohe Wellen, dass der CSU-Chef zurückrudern musste: „Wir stehen zur Kanzlerin.“

Boris Palmer, Oberbürgermeister der schönen Universitätsstadt Tübingen, will seinerseits der neue Seehofer der Grünen (SPIEGEL) werden und schlägt Töne an, die bei der eigenen Partei ebenso schwitzige Finger hervorrufen, wie wenn das bayrische Staatsoberhaupt vor eine Kamera tritt. Schluss soll sein mit der „Pippi-Langstrumpf-Politik“ und Zäune an den EU-Außengrenzen müssen her. Daraufhin musste Cem Özdemir wieder richtig stellen, dass Palmer weder für Landes- noch für Bundespartei spreche.

Von Baden-Württemberg in die Bundeshauptstadt: Die SPD ist im „Ländle“-Wahlkampf mittlerweile so sehr in Bedrängnis geraten, dass sie ihren Kandidaten Nils Schmid nun auf Stimmenfang zu den Schwaben nach Prenzlauer Berg schicken. In Berlin wird also noch Politik gemacht. Da gab’s die Tage auch das Gipfeltreffen von der Menschenrechtsanwältin Amal Clooney, in Begleitung ihres Mannes, einem Schauspieler, und Angela Merkel, einer Kanzlerin.

 

Netzdebatte: ‪#‎ZukunftDerArbeit‬ – Über Roboter und die Verletzung menschlicher Gefühle

Welche Umbrüche in der Arbeitswelt erleben wir? Wie wollen wir arbeiten? Welche Gesellschaftsordnung steht am Ende dieser Wandlungsprozesse? Egal ob Crowdwork, Fachkräftemangel oder Selbstverwirklichung – unsere Experten_innen wissen Bescheid. Für diejenigen, die genug davon haben, sich diesbezüglich von vagen Vermutungen leiten zu lassen und lieber den Durchblick bewahren: Schaut vorbei auf unserem Blog und auf http://www.netzdebatte.bpb.de!

Digitaler Salon: Feierabend 4.0

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Früh in den Feierabend, schnell einen Drink in der nächsten Bar aber per Smartphone rund um die Uhr erreichbar bleiben? Im nächsten Digitalen Salon wollen wir wissen, ob Unternehmer heutige Erwartungen – nach Stabilität, Eigenverantwortung und Arbeiten am Strand – aller Generationen vereinen. Und welche Rolle spielt dabei die durch Technologien und Internet geschaffene Flexibilität bis hin zu Bonuszahlungen für social freezing? Welche Chancen und Risiken bieten diese Herausforderungen und wie können wir uns auf die virtuelle Arbeitswelt vorbereiten?

DIGITALER SALON | FEIERABEND 4.0
24.02.2016 | 19.00 Uhr

Auditorium des Jacob-und-Wilhelm-Grimm-Zentrum der Humboldt Universität zu Berlin
Geschwister-Scholl-Str. 3 | 10117 Berlin

 Ab 19:00 Uhr wird die Sendung live auf hiig.de übertragen.

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In der Rubrik #indiskret befragen wir die Kooperateur_innen nach ihrem Alltag in der Kooperative Berlin, nach geheimen Leidenschaften und versteckten Talenten

Ein Blick zurück, ein Blick nach vorn und einer zur Seite. 2004 hat Markus Heidmeier zusammen mit Oliver Baumann-Gibbon und Steffen Ramlow die Kooperative gegründet. Seither ist viel passiert. Markus beantwortet #indiskret alle Fragen zu Investmentrunden, Hooverboards und anderen Weltanschauungen. Jetzt. Hier.

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und hier geht’s weiter.

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