Rund 100.000 intersexuelle Menschen gibt es in Deutschland. 100.000 Menschen, die bisher eine Entscheidung treffen mussten, die zwangsläufig ihr Persönlichkeitsrecht verletzt! Als Intersexueller war man bislang gezwungen sich als weiblich oder männlich im Geburtenregister eintragen zu lassen. Nach einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts soll das nun endlich geändert werden! Die Bundesregierung (sollte sie die nächsten Monate denn zustande kommen) ist jetzt gezwungen bis Ende 2018 ein entsprechendes Gesetz zu entwickeln. Die Einführung eines dritten Geschlechts ist ein längst überfälliges Zeichen gegen Diskriminierung und Ausgrenzung!

Digitaler Ort des Austauschs

Die offene Gesellschaft ist eine lernende Gesellschaft. Am Beispiel Intersexualität kann man nachvollziehen, wie die Digitalisierung auch diesen Diskurs beeinflusst hat. Schon 2011 hatten wir das Glück für den Deutschen Ethikrat ein Debattenportal entwickeln und betreuen zu dürfen. Ziel war damals die Erstellung eines digitalen Diskussionsforums mit Fachbeiträgen und Videointerviews. Besonders diskussionswürdig vor 6 Jahren: kontroverse Themen, wie geschlechtszuweisende Operationen an Neugeborenen und Kleinkindern. Unter anderem anhand dieses digitalen Forums verfasste der Ethikrat eine Stellungnahme zur Situation intersexueller Menschen in Deutschland. Dieser Lagebericht wurde auch zur Urteilsfindung in Karlsruhe herangezogen. Ein Beispiel für einen erfolgreichen Lernprozess der offenen Gesellschaft.

Etappensieg … aber nicht am Ziel

Themen der LGBTQ-Community, Gender oder Geschlechterrollen sind stark mit Vorurteilen behaftet. Der Weg noch weit. Das sehen auch in unserem – in Zusammenarbeit mit „funk“ entwickelten – Format „Auf Klo“.
Hier sprechen wir immer wieder Themen der LGBTQ-Community, Gender oder Geschlechterrollen an.
Schauen wir dort in die Kommentarspalte unseres neuesten Videos „Non-Binary: Kein Mann & keine Frau!“ ergibt sich leider kein schönes Bild:
„Es gibt nur zwei biologische Geschlechter, ihr Idioten!“, sagt da noch einer der netteren Zeitgenossen.
Intersexuelle Menschen werden jeden Tag mit solchen Haltungen konfrontiert. Der Beschluss bringt vor allem Folgendes: Legitimation, Sichtbarkeit und Identität – all das blieb Intersexuellen lange verwehrt! Bis das Thema in der Tiefe der Gesellschaft angekommen ist, wird es aber wohl noch eine Weile dauern.
Nebenbei gesagt: Während wir diesen Blogeintrag schreiben, wird uns das Wort „intersexuell“ als Rechtschreibfehler rot unterstrichen angezeigt. Hier besteht wohl auch noch Nachholbedarf! Deshalb wollen wir weiter digitale Räume für wichtige Diskurse schaffen … und die Welt ein bisschen besser machen.

von Laura Lammer

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