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Benötigen wir eine europäische Supermediathek?

Unser Co-Gründer und Co-Geschäftsführer Markus Heidmeier diskutiert auf der Media Convention Berlin die Frage, ob wir eine europäische Supermediathek benötigen. Das ist dringend nötig, aber mit den aktuellen Organisationskulturen kaum möglich. Warum? Das erklärt er in dieser extended Version eines Artikel, der als Kurzversion vor einem Monat im Tagesspiegel erschienen ist.

Markus Heidmeier kreiert als Journalist seit vielen Jahren Formate für diverse öffentlich-rechtliche Sender. Gleichzeitig arbeitet er als Coach, Moderator und Strategieberater für Medienhäuser, Museen und Stiftungen.

Die Auseinandersetzungen rund um die Haushaltsabgabe, das ARD-Framing-Manual oder die teuren Sportrechte offenbaren immer wieder, wie schnell Debatten um den öffentlich-rechtlichen Rundfunk in Deutschland hitzig werden.

Aber sie verstellen mit ihren lauten Kontroversen nur den Blick auf das Eigentliche: Welchen öffentlich-rechtlichen Rundfunk benötigt die digitale Gesellschaft? Und warum blockiert sich das Gespann aus Medienpolitik und Rundfunkanstalten immer wieder gegenseitig auf dem Weg in die Zukunft? Dabei darf die Perspektive für diese Debatte nicht das nächste Jahr, der nächste Dreistufentest oder die nächste KEF-Anmeldung sein. Wir müssen nach vorne schauen. Weit nach vorne. Das heißt, wir müssen die Frage stellen, wie öffentlich-rechtliche Medien, Öffentlichkeit und damit auch Demokratie in den nächsten zehn Jahren aussehen sollen.

Es geht nicht um Sportrechte oder Gebühren, es geht um die Organisationskulturen in den Anstalten

ARD und ZDF verfügen noch immer über große Reichweiten und enorme Budgets. Nur in ihrer momentanen Organisationsform werden sie von den technologiegetriebenen Entwicklungen der digitalen Gegenwart immer weiter abgehängt. Das ist eine unterschätzte Gefahr. Wir diskutieren zwar viel über den Rundfunkbeitrag und die teuren Sportrechte aber viel zu wenig über die Anstalten selbst. Dabei werden nur innovative Organisationen in der Lage sein, innovative Angebote zu machen und die asymmetrische Auseinandersetzung mit Global Playern wie Google, Facebook oder Amazon zu meistern.

Innovation braucht Geld, viel Geld! Nehmt endlich Kohle aus den Programmen und steckt sie in echte Innovationen

Aktuell investieren ARD und ZDF bis zu hundertmal mehr in das alltägliche Fernseh- und Radioprogramm als in ihre eigene Weiterentwicklung und technologische Innovationen. So können die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten in einer Welt, in der Tech-Konzerne die öffentliche Kommunikation zunehmend monopolisieren, nicht konkurrenzfähig werden. Amazon, Facebook und Google investierten allein im Jahr 2017 über dreißig Milliarden Dollar ausschließlich in Innovationen und Entwicklungen. Mit innovativen Geräten, Diensten und Plattformen binden sie uns als Nutzerinnen und Nutzer immer stärker und prägen Medien und Konsumverhalten. Im Vergleich zu diesen Zahlen schrumpfen die acht Milliarden Euro jährlicher Einnahmen der Öffentlich-Rechtlichen aus dem Gebührenaufkommen schnell zusammen. Zumal, wenn man bedenkt, dass von diesen acht Milliarden höchstens ein zweistelliger Millionenbetrag in Entwicklung und Innovation fließt.

Lineares Fernsehen wird in den nächsten Jahren dramatisch an Bedeutung verlieren

In den letzten Jahrzehnten konnten die öffentlich-rechtlichen Anbieter die unterschiedlichen Zielgruppen über eine Ausdifferenzierung ihrer Inhalte erreichen. Hier etwas Politik, dort ein Krimi. Im Dritten etwas Regionales. Am späten Abend dann ein Kulturmagazin und am Samstag Fussball. In der digitalen Welt reichen inhaltliche Differenzierungen nicht mehr aus. „Wir werden in fünf bis zehn Jahren das lineare Programm primär als Schaufenster nutzen für das, was dann non-linear abgerufen wird“, prognostiziert SWR Intendant Boudgoust kürzlich für die digitale Zukunft des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Während für alle unter 30 und viele unter 40 diese Zukunft schon längst Gegenwart sein dürfte.

In diesem digitalen Raum verschränken sich Publikumsinteressen mit technologischen Entwicklungen und zersplittern das Angebot über diverse Plattformen und Geräte in hunderte Nischen. Die Tech-Konzerne bestimmen dabei Spielregeln und Tempo bei der Versorgung der Öffentlichkeit mit Information und Unterhaltung. Sie sind die Konkurrenten im Wettbewerb um die Aufmerksamkeit des Publikums.

Zeitzeugen eines technologiegetriebenen Gesellschaftsumbaus

Wir müssen uns diesseits der Diskussionen um Framing-Manuals, Beitragshöhe und den Sinn und Unsinn teurer Sportrechte immer wieder diese Dimension der Herausforderungen vergegenwärtigen, um die Größenordnung der nötigen Veränderungen zu verstehen.
Wir sind Zeitzeugen einer technologiegetriebenen Beschleunigung, die unsere Gesellschaften fundamental verändert. Biblische Datenmengen, hyperpotente Algorithmen, gepaart mit künstlicher Intelligenz, werden unser Leben in smarten Städten prägen, während wir in autonomen Fahrzeugen Videostreams schauen, die amerikanische Großkonzerne von gesparten Steuern finanzieren. Dass ewige Konkurrenten wie BMW und Daimler in diesen Tagen bekannt geben, ihre Forschung und Entwicklung im Kontext des autonomen Fahrens zu verschmelzen, ist mehr als ein Fingerzeig. Um gegen die Big Five anzukommen, braucht es ganz neue Allianzen – in Deutschland und Europa. Aber mit den vorhandenen Orgaisationsformen und -kulturen ist das quasi unmöglich.

Eine Organisation mit zwei Betriebssystemen

Die skizzierte Herausforderung stellt die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanbieter vor eine strukturell kaum lösbare Aufgabe. Die Häuser müssen den Betrieb von über 20 Fernseh- und über 60 Radiokanälen aufgrund staatsvertraglicher Verpflichtungen aufrecht erhalten und gleichzeitig den Sprung in die digitale Zukunft schaffen. Dazu müssen sie sich als Unternehmen quasi zwei Betriebssysteme geben. Auf der einen Seite die Grundversorgung des immer noch sehr großen Fernseh- und Radiopublikums in den linearen Angeboten und parallel dazu die Entwicklung neuer Angebote und Verbreitungswege für diverse Publika, die schon heute nicht mehr über das lineare Programmangebot erreicht werden.

Dieser Spagat könnte den öffentlich-rechtlichen Rundfunk zerreißen könnte, wenn die Medienpolitik ihn nicht zu fundmentalen Veränderungen zwingt und die dafür nötigen Entwicklungsräume eröffnet.

Smart Shrinking – Sparen als Chance

Mit Spannung wird deshalb die Entscheidung der Ministerpräsidenten über die zukünftige Höhe des Rundfunkbeitrags und die Art der Berechnung erwartet, die in den nächsten Wochen ansteht. Dabei geht es jedoch im Kern weniger um die tatsächliche Höhe des Beitrags, denn dass die öffentlich-rechtlichen Anstalten in Zukunft sparen müssen, ist Konsens. Die Politik sieht sich nicht in der Lage spürbar höhere Rundfunkbeiträge durchsetzen. Wenn man dem Medienpolitiker Rainer Robra von der CDU, Chef der Staatskanzlei des Landes Sachsen-Anhalt und Mitglied der Rundfunkkommission, folgt kann es deswegen nur darum gehen, für neue Angeboten nicht weitere Mittel zu fordern, sondern sie durch weitere Austauschentwicklungen aufkommensneutral zu finanzieren. Für ihn wäre eine minimale Erhöhung auf 17,98 € die absolute Schallmauer.
Aber auch diese Erhöhung würde die tatsächlichen Kosten der Anstalten in den nächsten Jahren nicht decken. Die Rundfunkanbieter zehren aktuell von einmaligen Überschüssen aus den ersten Jahren nach der Umstellung der Gebühr auf die Haushaltsabgabe. Dieser Effekt lässt sich nicht wiederholen.

Der unvermeidliche Sparprozess könnte aber auch eine große Chance für Medienpolitik und Rundfunkanstalten darstellen – wenn die Politik den Anstalten das Betreten neuer Entwicklungspfade ermöglicht. Sie sollten den öffentlich-rechtlichen Anbietern eine hohe Flexibilität bei der Verwendung der Gebührengelder einräumen und diese Öffnung mit klaren Forderungen verbinden: Erstens die Konzentration auf die strukturelle Weiterentwicklung der Organisationen hin zu digitalen Medienunternehmen, die im öffentlichen Interesse handeln, und zweitens die Bündelung der Kräfte um eine gemeinsame digitale Verbreitung zu organisieren.

In gewisser Hinsicht müssen die Intendantinnen und Intendanten mittlerweile sogar hoffen, dass Ihnen die Politik tief in die Budgets schneidet. Dann hätten sie einen starke „Erzählung“ warum sie endlich ihre Häuser umbauen müssen. Nur so können sie die Permafrostzonen in ihren Organisationen aufbrechen. Diese Strategie des „Smart Shrinkings“ könnte ihnen die Notwendigkeit und das Narrativ liefern, den großen Umbau vorzunehmen. Das Ziel könnte „P3“ heißen: Programm, Plattform und Projekte. Dazu unten mehr. Doch vorher ein Blick in die öffentlich-rechtliche Realität.

Die nötige unternehmerische Freiheit für die Anstalten ist de facto nicht vorhanden. Bei der Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten (KEF) müssen die Anstalten stattdessen ihre Kostenerwartungen für jeweils vier Jahre anmelden. Die KEF prüft diese Kostenerwartungen auf Plausibilität, formuliert gegebenenfalls Korrekturwünsche und empfiehlt dann auf Basis dieser Kostenerwartung die Höhe des Rundfunkbeitrags. Entsprechend der Vierjahrespläne werden dann einzelnen Positionen wie Programmaufwand oder Investitionskosten Anteile des Gebührenaufkommens zugewiesen und damit weitgehend festschreiben. Ein Verfahren aus der Tiefe des 20. Jahrhunderts. Budgetverschiebungen und Strukturveränderungen innerhalb der Gebührenperiode, wozu auch Programmschließungen zugunsten neuer digitaler Distributionskonzepte zählen könnten, um auf disruptive Veränderungen am Markt zu reagieren, sind bisher kaum möglich. Stattdessen kontrolliert die KEF (ein Gremium aus fünfzehn Männern und einer Frau) die Einhaltung von Sach- und Programmaufwandskosten auf den Cent genau im Geiste eines Rechnungshofs. Dabei wäre die Kontrolle der Innovationsfähigkeit der Häuser mindestens genauso wichtig.
Aber allein durch die Flexibilisierung der Budgets wird diese Operation nicht gelingen. Auch die Rundfunkstaatsverträge müssen modifiziert werden, um die Sender von der Verpflichtung zum Betrieb einzelner Programme zu entbinden. Nur so werden sie mit den vorhandenen Mitteln Innovationen stemmen können. Denn eine substanzielle Erhöhung der Mittel ist politisch ausgeschlossen.

Ein Onlinezoo voller digitaler Lebensformen

Aber nicht nur die strukturellen Zwänge sind ein Hindernis auf dem Weg in das 21. Jahrhundert. Auch die aktuellen digitalen Angebote stehen dem Schritt in die digitale Zukunft im Weg.

Zwar gibt es innerhalb der ARD seit einigen Monaten erste Impulse, digitale Verbreitung neu zu denken. So will der aktuelle ARD-Vorsitzende Ulrich Wilhelm den einschlägigen US-amerikanischen Plattformen ein öffentlich-rechtliches Äquivalent entgegenzusetzen, das „von Youtube, Facebook und Google gelernt hat, aber auf europäischen Idealen von Vielfalt, Qualität und Offenheit aufbaut.“

Doch im öffentlich-rechtlichen Alltag konkurrieren ARD und ZDF mit getrennten Angeboten im digitalen Raum, statt ihre Ressourcen zu bündeln. Das ZDF setzt dabei vor allem auf die eigene Mediathek, während das Angebot der ARD von Jahr zu Jahr unübersichtlicher zu werden scheint. Hunderte digitale Lebensformen bevölkern mittlerweile einen ganzen Onlinezoo. Jede Anstalt betreibt in diesem Zoo ein eigenes Gehege mit Apps und Mediatheken. Dieser Angebotsüberschuss steht dabei jedoch eher für eine nervöse Suchbewegung, aber nicht für echte Innovation. Innovation kann man nicht als App shoppen gehen.

Change kann man nicht shoppen. Change muss man wollen

Nur innovative Organisationen werden in den nächsten Jahren in der Lage sein, auf die ständigen Veränderungen reagieren zu können. Neue Arbeitswiesen und neue Organisationskulturen werden dabei genauso benötigt wie zeitgemäße Führungs- und Managementkulturen, um auf die Geschwindigkeit der Veränderungen reagieren zu können.

„Das Thema Organisationskultur ist ein großes – und benötigt gute Führung von der Spitze des Hauses. Die Arbeit jenseits der Silostrukturen muss gewollt sein“, sagt Robert Amlung, Beauftragter für digitale Strategien beim ZDF. Dazu braucht es Führungskräfte, deren hervorstechendste Eigenschaften vielleicht nicht nur eine einwandfreie öffentlich-rechtliche Sozialisation ist. Auch die richtige Parteizugehörigkeit und die Beherrschung vertikaler Weisungskompetenz in den Silos einer Linienorganisation wird in der digitalen Welt nicht reichen. Stattdessen sind Kenntnisse im Kontext neuer Organisationsmodelle wichtiger denn je. Führungskräfte verstehen sich in diesen neuen Arbeitswelten des 21. Jahrhunderts nicht mehr als Cheflobbyisten in eigener Sache, sondern als Coaches, die ihren ständig neuen Teams als erste Unterstützter dienen.

Das Team funk, dem Contentnetzwerk der ARD und des ZDF für Jugendliche und junge Erwachsene, experimentiert beispielsweise mit Elementen des Organisationsmodells Holocracy, um flexibler auf Veränderungen der Nutzerbedürfnisse eingehen zu können. Denn die „Transformation, die wir gerade erleben, ist ja keine Bewegung von A nach B: sie hat keinen Endpunkt.“ Folgt man Florian Hager, dem Programmgeschäftsführer von funk, wird schnell klar, wie fundamental sich das alltägliche Denken und Arbeiten in den Maschinenräumen der öffentlich-rechtlichen Medien im 21. Jahrhundert verändern muss. „Die Hauptherausforderung war von Anfang an, wie schaffe ich eine Organisation, die möglichst schnell lernt und sich schnell an veränderte Gegebenheiten anpassen kann. Dazu noch für eine Zielgruppe – sowohl auf der Kunden- als auch der Mitarbeiterseite – die gewohnt ist, teilzuhaben.“

Um diese unterschiedlichen Herausforderungen zu meistern, sind klassische Linienorganisationen mit ihren Standortinteressen und Direktionslogiken nur bedingt geeignet. Stattdessen müssen die Anstalten nicht nur auf der Ebene der Inhalte und Verbreitung, sondern auch auf der Ebene der Organisation Experimente wagen. „Es geht nicht darum, immer sofort Lösungen zu präsentieren, sondern die richtigen Fragen zu stellen. Für all das muss eine Unternehmenskultur geschaffen werden, in der das möglich ist. Aus Sicht der Führungskraft ist das natürlich ein gefühlter Kontrollverlust – und hier stehen natürlich in der klassischen Welt die Hindernisse. Doch der Wandel ist ja nicht der Verlust der Kontrolle, sondern der Verlust der Illusion von Kontrolle“, sagt Florian Hager.

Aber die verbleibende Zeit für diesen Wandel ist kurz. Die Monopolisierung der öffentlichen Kommunikation wird von Jahr zu Jahr beschleunigt. Facebook, Google und Co. sind Konzerne, die auf Geschwindigkeit angelegt sind. Medienpolitik und öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten jedoch sind langsam. Hier die Medienpolitik, die in Deutschland die Bundesländer verantworten und die nur in zähen Verhandlungen zu Veränderungen kommt, da alle Entscheidungen konsensual, also mit sechzehn zu null Stimmen, gefällt werden müssen. Dort die Rundfunkanstalten, die in den Bundesländern als Landesrundfunkanstalten verankert sind. Das heißt nichts anderes, als dass jedes Bundesland nachvollziehbare eigene Interessen hat, was die Versorgung der eigenen Region mit eigenen Standorten betrifft. Die Kollision von Interessen ist da zwangsläufig. Regionale Interessen haben nicht selten Vorrang vor den notwendigen Anpassungen an die digitale Welt. Allein die oben skizzierte Anzahl der ARD-Mediatheken ist ein ein Beleg dieser Interessenkollision.

Der ZDF-Fernsehrat und Organisationsanalytiker Leonhard Dobusch fordert deshalb nicht weniger als die Verschmelzung aller öffentlichen-rechtlichen Mediatheken zu einem Angebot zusammen mit einer massiven strukturellen Anpassung. „ Das gilt umso mehr dann, wenn man sich weder komplett kommerziellen Digitalplattformen für die Verbreitung eigener Inhalte ausliefern noch die vielen Mediathek-Schrebergärten fortführen möchte.“ Eine öffentlich-rechtliche Internetintendanz, wie Dobusch vorschlägt, könnte zukünftig die digitalen Aktivitäten aller öffentlich-rechtlichen Anbieter bündeln. Aber das wäre nur ein erster Schritt.

Die Lösung heißt „P3“ – Programm, Plattform und Projekte

Um in der asymmetrischen Auseinandersetzung zwischen dem öffentlichen Interesse der demokratischen Gesellschaften und den Interessen der Globalplayer konkurrenzfähig zu werden, wird es für ARD und ZDF nicht reichen, die Onlineaktivitäten in einer Mediathek zu bündeln. Stattdessen sollten Medienpolitik und Senderverantwortliche entlang des Dreiklangs Programm, Plattform und Projekte gemeinsam den Sprung ins 21. Jahrhundert wagen.

Programm steht für eine Fortführung der linearen Radio- und TV-Angebote wie wir sie heute kennen – allerdings bei substanzieller Kürzung der Mittel und Verringerung der Anzahl der Kanäle. Die Programme sollten dabei in eigene Organisationsformen überführt werden, da sie wie Bad Banks funktionieren, die – so sozialvertreäglich wie möglich – die gewaltigen Personal- und Pensionskosten für z.B. zehn Jahre stellem müssen.

Plattform steht für die Bündelung der digitalen Angebote zu einer konkurrenzfähigen digitalen Distribution. Mit eigenem Budget für die Produktion eigener plattformspezifischer Inhalte. Die Budgets hierzu können nur aus den Ersparnissen bei den linearen Programmen stammen. In eine derartige digitale Distribution könnten perspektivisch auch Partner aus der Non-Profit-Welt, den Museen und öffentliche Einrichtungen oder sogar Verlage einsteigen. Plattform ist natürlich viel mehr als eine Supermediathek. Es ist eher eine (europäische) Infrastruktur mit einem super leistungsfähigen CRM (Customer Relationship Managment Tool), das uns allen individualisierte Angebote macht. Auf unsere Telefone, in unsere Maileingänge, Chats oder what ever. Denn das muss doch das Ziel der Öffentlich-Rechtlichen in den nächsten Jahren sien. Aus der – noch sehr großen – analogen Reichweite, digitale Kontakte machen. Eine europäische Log-In-Allianz aler EBU-Mitglieder wäre da ein wichtiger Schritt.

Und Projekte steht für neue technologische Lösungen. Hier werden die Öffentlich-Rechtlichen die Nähe zu Start Ups und anderen Technologietreibern suchen müssen, um technologisch zum Mitspieler zu werden. Auch das wird mit erheblichen Kosten verbunden sein, die an andere Stelle erspart werden müssen.

Erfolgreiche Schlafwandler

Doch noch sitzen die Sender tief und fest in der Erfolgsfalle. Noch stimmen die Reichweiten der linearen Angebote. Auch die Politik erinnert eher an einen Schlafwandler, der mit geschlossenen Augen den gleichen Weg geht, den er schon immer ging. Mühsame Kompromissrunden, in denen jeder Standort mit einer Landesrundfunkanstalt oder einem Landesstudio erhalten bleiben muss, in denen der Vorgarten gepflegt wird, während die Global Player draußen gerade eine mächtige Flurbereinigung betreiben.

Und tatsächlich kam die Digitalisierung in den letzten zehn Jahren ja auch langsamer als viele von uns dachten. Im Jahr vierzehn nach YouTube sind sie ja immer noch da, die öffentlich-rechtlichen Anstalten mit ihren über 80 TV- und Radiokanälen und einem ganzen Zoo voller digitaler Lebensformen. Die Bahnhofskioske sind noch voller Papierzeitungen und Autos fahren noch nicht von selbst.

Aber das wird nicht so bleiben. Das ist das Wesen von Beschleunigung. Sie nimmt zu.

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