Man lernt nie aus! Im Rahmen unseres KOOPERATIVE Labs sprechen wir mit Experten und Expertinnen, um gemeinsam zu neuen Erkenntnissen zu gelangen. Hierzu haben wir Wolfgang Scheida, Ressortleiter Panorama/Reportage bei Die Welt, eingeladen, der mit uns eine Schreibwerkstatt abhielt. Ganz im Sinne der digitalen, öffentlichen Bildung teilen wir unsere Erkenntnisse an dieser Stelle auf unserem Blog.
Zu schüchtern oder in your face?
Ein Teaser (zu dt. „Anriss“) ist im Online-Journalismus das Schaufenster zum Artikel. Wer also an dieser Stelle nichts Interessantes zu bieten hat, der wird selbst für den besten Artikel nicht mit Lesern bzw. Clicks belohnt werden. Dabei gibt es keine festen Regeln, die man ganz einfach abarbeiten könnte, um den perfekten Teaser zu entwerfen. „Sex sells“ ist beispielsweise immer noch ein funktionierendes Prinzip, das man allerdings auch nicht übertreiben sollte. Ansonsten kommt es zu einem paradoxen Effekt, das heißt, die potenziellen Leser_innen springen ab, wenn sie vermuten, dass der Teaser zu reisserisch ist und inhaltlich nicht leisten kann, was er verspricht. Dieses Clickbaiting à la „10 Gründe, warum das jeder lesen sollte“, mag zwar zu vermehrtem Traffic führen, kann allerdings auch Leser_innen spitzer Zielgruppen abschrecken, wenn sie bereits konkrete Vorstellungen darüber haben, nach was sie im Internet suchen …
Der ideale Teaser wird also weder langweilig noch zu aufgemotzt sein, sprich irgendwo zwischen den Extremen liegen und dementsprechend authentisch sein. Er sollte zur „Temperatur“ des Artikels passen und relevante Informationen enthalten, ohne aber die Pointe vorwegzunehmen. Ein eher emotionaler Artikel lässt sich folglich auch über die Gefühlsebene anteasern, während ein sachlicher Artikel mittels sachlicher Sprache einzuleiten ist. Ein Sonderfall ist hierbei die Rubrik des Kommentars: Ein solcher muss immer deutlich als Kommentar gekennzeichnet sein, was man ebenfalls bereits im Teaser deutlich machen sollte.
Was es in jedem Fall zu vermeiden gilt sind Floskeln oder Sprachspiele aus dem Boulevardsprech. Ebenso sind Redundanzen schon aufgrund der begrenzten Textmenge ein absolutes Fauxpas. Ein Beispiel: „Autoguru: Volkswagen auf der Überholspur. Was der neue Golf leistet, bleibt abzuwarten.“ Das einzig gute an diesem Teaser wären lediglich die kurzen Hauptsätze. Bei diesen ist zudem darauf zu achten, dass starke (aber nicht übertriebene) Adjektive möglichen Substantivierungen vorzuziehen sind.
Das Bild – der Hingucker
Des Weiteren ist ein relevantes Bild, das zum Artikel passt, unerlässlich. Beim Scrollen durch den Newsfeed steigen die Leser_innen erst beim Bild ein und danach beim Text. Auch hier sollte man daher floskelartige Bilder vermeiden. Ein Bild von einem Spinnennetz in einem Geldbeutel mag zwar zu einem Artikel über Staatsverschuldung passen, allerdings ist es auch beliebig, austauschbar und im Ganzen betrachtet einfach „lieblos“ angehängt.
Ein guter Teaser ergibt sich summa summarum schon einmal aus dessen Gegenteil. Hat man also beachtet, was man vermeiden sollte, und gibt dem Anriss stattdessen eine individuelle, zum Artikel passende Nuance, dann wird dies auch von den Leser_innen wahrgenommen. Wenn diese merken, dass sich bereits für den Teaser gute Gedanken gemacht wurden, dann wird der dahinterstehende Artikel ebenso lesenswert sein.
Tags: Redaktion, Teaser, Anriss, clickbait, online-journalismus, Workshop
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