Unser #netbeat. Ein kurzer Wochenrückblick der KOOPERATIVE BERLIN über Trends und Facts aus Netzpolitik, Medien, digitaler Bildung, Politik und Zeitgeschichte. Kuratiert von uns für euch. Diese Woche geht’s um die Dokumentarfilm-Kontroverse, Instagram versus Selbstwertgefühl und Video­überwachung im öffentlichen Raum.

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Zur Antisemitismus-Doku in den Öffentlich-Rechtlichen

Nun wird er also doch in den Öffentlich-Rechtlichen ausgestrahlt: “Auserwählt und ausgegrenzt – Der Hass auf Juden in Europa“, so der Titel eines Dokumentarfilms, den Arte und WDR in Auftrag gegeben hatten (wer nicht weiß, worum es geht, kann sich hier noch informieren). Die Sender entschieden sich zunächst, den Film nicht zu zeigen. Ihre Begründung: Thema verfehlt, journalistisch-handwerkliche Mängel. Dass sie es nun doch tun, hängt sicherlich mit dem Furor zusammen, den er ausgelöst hat.

Der Film wurde zum Politikum, bevor ihn überhaupt irgendjemand gesehen hatte: „Zensur!“, lautete der Vorwurf, die Sender wollten den Antisemitismus in Europa verstecken. Am lautesten schrie die BILD-Zeitung. Deshalb ist es auch nicht überraschend, dass es die BILD war, die den Film vergangene Woche geleakt und für 24 Stunden online zur Verfügung gestellt hat.

Am Ende geht es in der Diskussion weniger um die Frage, wie gut der Film gemacht ist. Vielmehr ist es die alte Debatte: für oder gegen Israel. Damit ist keinem geholfen, schon gar nicht dem Kampf gegen Antisemitismus.

Wer sich mit den Themen Nahostkonflikt und Antisemitismus auskennt, sich kritisch damit auseinandersetzt, dem geht der Film ziemlich schnell auf die Nerven. Er ist einseitig, unreflektiert und teilweise schlicht schlecht recherchiert.

Vor allem geht es viel zu wenig um Antisemitismus in Europa, wie er beispielsweise auch im Alltag vorkommt, nicht nur auf Anti-Israel-Demonstrationen. Stattdessen spielt ein großer Teil des Films in Israel, Gaza und dem Westjordanland und liefert einen Abriss des Nahostkonflikts – einen sehr fragwürdigen. An einer Stelle heißt es beispielsweise, die Palästinenser hätten während der Nakba ihr Land „verlassen“, an einer anderen, auch den Israeli unterliefen gelegentlich „Fehler“.

Das Kernproblem des Films aber ist, dass er Phänomene vermischt, die sehr differenziert betrachtet werden müssen: ohne Zweifel versteckt sich Antisemitismus häufig hinter Antizionismus und Israel-Kritik. Doch das eine hat nicht zwangsläufig etwas mit dem anderen zu tun und wer es miteinander vermischt, trägt dazu bei, das Problem mangelnder Differenzierung zu verstärken. Ein israelischer Bekannter bezeichnete den Film als „cherry-picking“: manche Aspekte seien vollkommen richtig, viele aber falsch oder unfair abgehandelt.

Der Film ist letztlich eine vertane Chance. Dass es Antisemitismus in Europa gibt, das steht nämlich außer Frage. Umso wichtiger wäre es, sich mit diesem tatsächlich einmal auseinanderzusetzen – ohne den Nahostkonflikt wie so oft in den Fokus zu rücken.

Kommentiert von Maria Caroline Wölfle.

Realität gegen Retusche

Instagram ermöglicht private Einblicke in das Leben von Stars, Models und Influencern. Präsentiert wird aber nicht das Leben, wie es wirklich ist. Nein. Wir sehen Fotos, die auch Hochglanzmagazinen entstammen könnten: Wespentaille, porentief reine Haut und volle Lippen. Momentaufnahmen, retuschiert außerdem, das wissen wir. Und ziehen das online Präsentierte trotzdem als Vergleichswert heran. Pures Gift für’s Selbstwertgefühl.

Ebonee Davis, selbst Model, spricht über den Druck, den solch diktierte Schönheitsideale ausüben, über psychische Risiken und das Streben nach Likes.

Timm Thaler reloaded

„Wer am häufigsten durch die markierten Kamerabereiche läuft, hat die Chance, neben einem Einkaufsgutschein im Wert von 25 Euro einen von drei attraktiven Hauptpreisen zu gewinnen“ – damit versucht die deutsche Bundespolizei aktuell, Teilnehmer_innen für die „Erprobung intelligenter Videotechnik“ am Berliner Bahnhof Südkreuz anzuwerben. Überwachung nennt das netzpolitik.org und warnt vor einem „Eingriff in die Privatsphäre der Passanten“. Fraglich sei auch, ob die Rechtslage eine derartige Videoüberwachung zulassen würde.

Außerdem lesenswert:

– Was russische Hacker mit Britney Spears zu tun haben (Motherboard)

– Snap Spactacles: Google Glasses’ Nachfolger (WIRED)

– Pauk’ Dich zum Online-Influencer (Mashable)

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