Luther ist out. Marx ist in.
Unser #netbeat. Ein kurzer Wochenrückblick der KOOPERATIVE BERLIN über Trends und Facts aus Netzpolitik, Medien, digitaler Bildung, Politik und Zeitgeschichte. Kuratiert von uns für euch. Karl Marx feiert dieses Jahr 200. Geburtstag. Wir stellen die Frage was er uns heute noch zu sagen hätte. Möchtest du den #netbeat regelmäßig als Newsletter erhalten? Hier kannst du dich anmelden.
Luther ist out. Marx ist in.
Martin Luther ist sowas von 2017! Jetzt kommt das Karl-Marx-Jahr. Der kettenrauchende Weltversteher feiert 200. Geburtstag. Das bedeutet Fernsehspecials und gleich vier neue Marx-Biografien. Am wichtigsten ist aber die Frage, ob es nach der Martin-Luther-Playmobil-Figur auch eine mit Rauschebart geben wird. Eine Figur mit ganz anderen Dimensionen gibt es für die Stadt Trier. Nämlich eine 5,50 Meter große Karl-Marx-Statue. Damit ist die Statue zwar fast einen Meter kleiner als die ursprünglich geplanten 6,30 Meter, aber immer noch größer als Michelangelos David. Der tonnenschwere Riese ist ein Geschenk der Volksrepublik China. Marx selber hätte die Statue wohl nicht gutgeheißen. Als Marxist wollte er sich selbst nie bezeichnen und sich auch nicht ideologisch vereinnahmen lassen. Dass es mit den Menschenrechten in China auch nicht so weit her ist wurde einfach mal ignoriert.
Der Touristenmarkt für Karl-Marx-Statuen ist allerdings hart umkämpft. Chemnitz hat seinen „Nischel“, einen riesigen Marx-Kopf der mit über 13 Metern den chinesischen Marx um mehr als das doppelte überragt. Es gibt nur einen Haken: Karl Marx war nie in Chemnitz. Eigentlich egal, denn in Sachen Marketing kann Trier noch viel von Chemnitz lernen. Während man im trierer Touri-Shop nur die obligatorische Tasse mit Marx-Konterfei bekommt, gibt’s in Chemnitz den Kaffee „Der schwarze Karl“, einen USB-Stick und einen Räucherstäbchenhalter mit Marx-Kopf. Ist Marx jetzt einfach selber zur Ware geworden? Verramscht als Touristenattraktion? Spekulieren wir mal was er heute zu sagen hätte.
Marx würde Vieles in unserer Zeit bekannt vorkommen. Marx erlebte wie Kommunikation sich veränderte und wurde immer wichtiger. Zu Marx’ Lebzeiten wurde zuerst der Morseapparat und dann das Telefon erfunden. Migration war ebenfalls ein großes Thema im 19. Jahrhundert. Allerdings gab es damals eine Auswanderungswelle aus deutschsprachigen Gebieten. Umbruchstimmung gibt’s gerade nicht so sehr. Die wahrscheinlich unvermeidliche GroKo bahnt sich an. Der Status quo scheint nach der Kehrtwende der SPD gesichert. Das hätte Marx eher zum Gähnen gefunden…
Wachsende Ungleichheit gibt es immer noch. Marx prophezeite die Revolution, was angesichts von Brexit und Trump-Wahl gar nicht so weit weg liegt. Oder vielleicht ist sie schon in anderer Form passiert? Die Revolution ist dann auch nicht durch das aufbegehrende, verelendete Proletariat, sondern auf demokratischem Weg – durch Wahlen entstanden. Dabei ist die Wahl eines Millionärs mit Größenwahn wahrscheinlich der marxsche Supergau. In Marx’ ehemaligem Wohnhaus in Trier ist jetzt ein Ein-Euro-Shop. Ironie macht auch vor Revolutionären nicht Halt.
Von Laura Lammer.
Marx als Klassenlehrer
Nach dem Mauerfall musste Karl Marx stark an Popularität einbüßen. Seine Werke wurden erstmal eingemottet. In der ehemaligen DDR war Marxismus-Leninismus noch Schulfach. In unserem neuen Projekt alltag-ost.de kann man nachlesen, wie das Bildungssystem und der Schulalltag damals aussah.
Besucht diesen Alltagsort in der DDR!
Kann das weg?
Damit man sich nicht selber durch „Das Kapital“ quälen muss. Drei Experten diskutieren wie aktuell Marx Thesen heute noch sind.
Hier geht’s zur Sendung des SWR2!
Was außerdem lesens- und hörenswert ist:
- Wie gut kennt ihr Marx? Jetzt das Quiz machen.
- DIE ZEIT-Ratgeber: So kommt ihr gut durch’s Marx-Jahr!
- Bill Fletcher Jr. über Marxismus und schwarze Bürgerbewegung
Von Laura Lammer.
Would you like to share your thoughts?