#netbeat 17/16: #CyberUtopie

#netbeat 17/16: #CyberUtopie

Das Netz als freier, unkontrollierbarer Raum, als Ort des gesammelten Wissens und der Kommunikation für alle, jenseits von Kategorien wie Klasse, Geschlecht oder Herkunft.  Das waren die Ideen und Ansprüche der ersten Stunde des Internets. Was ist aus den großen Utopien geworden? Damals galt Freedom of Speech als erste Spielregel, und heute?  Der Digitale Salon des Alexander von Humboldt Instituts für Internet und Gesellschaft versucht diese Frage zu beantworten.  Außerdem noch: Spass mit dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales, ein Überblick zur Pressefreiheit und was ist eigentlich ein Antropozähn?

INHALT

Zum Thema Cyberutopien:

Aus der Traum -das Netz ist nicht Rassismusfrei

We are the future cunt- Cyberfeminism 

Digitaler Salon 

#netbeat_reloaded

#nuitdebout 

„Lügenpresse“: das Ranking der Reporter Ohne Grenzen

Zum Stand der Dinge: das Anthropozän

Spass mit dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales 

Aus der Traum – das Netz ist nicht Rassismusfrei

von Lydia Meyer

Mit der Idee vom Cyberspace waren Anfangs auch Visionen der Befreiung von Rassismus, Klassismus und Sexismus verbunden. Doch Diskriminierung setzt sich auch im Internet fort. Die Entwickler vom Facepunch Studio-Game „Rust“  führten 2015 ein Experiment durch, in dem sie den vorher weißen Avatar durch verschiedene, teilweise schwarze Avatars ersetzten. Diese wurden den Spieler_innen per Zufallsprinzip zugeordnet wurde.

Während das „Weißsein“ des Avatars zuvor den Spieler_innen nicht aufgefallen war, häuften sich nun Beschwerden darüber, dass die Spieler_innen – „sie seien ja keine Rassisten, aber…“ – sich die Hautfarbe ihres Avatars nicht selbst aussuchen konnten. Bye Bye, Utopia!



VNS Matrix Werk: New Gen, 1994

VNS Matrix, 1994, werk: „New Gen“

We are the future cunt – zum Thema Cyberfeminism

von Lydia Meyer

Seit den frühen 90er Jahren werden als „Cyberfeminism“ unterschiedliche Ideen, Konzepte, Theorien, Künstlerinnen, Aktivistinnen und Gruppen bezeichnet, die sich mit der Verbindung von Feminismus, Technologie und Cyberspace beschäftigen. Für viele Cyberfeministinnen verbindet sich mit diesen technologischen Errungenschaften eine Utopie der Befreiung von Geschlechterungleichheiten und Sexismus. Das Internet und neue Technologien verstehen sie als Beschleuniger der Abschaffung von sozial konstruierten Geschlechtergrenzen.Für einige Cyberfeministinnen ist die Verknüpfung des menschlichen Körper mit Maschinen ein wichtiger Schritt auf dem Weg zur Überwindung auch körperlichen Geschlechts. Lesenswert ist in diesem Zusammenhang das Cyborg Manifesto der Biologin Donna Hardaway . Cyberfeminismus ist transdisziplinär und vielschichtig, mehr Genre als Label, das Ideen zu Technologie und Geschlecht aus ganz unterschiedlichen Disziplinen vereint. Einige Cyber Feminists sind softer und theoretisierend, andere radikaler und künstlerisch. So nutzte das australische Künstlerinnenkollektiv VNS Matrix als eine der ersten Gruppen den Ausdruck „Cyberfeminism“ in ihrem „Cyberfeminist Manifesto for the 21st Century“.

 

© Maxie Fischer,  HIIG

© Maxie Fischer, HIIG

Digitaler Salon im Alexander Humboldt Institut für Internet und Gesellschaft

von Sophia Koistinen

Der digitale Salon wirft einen Blick zurück auf die Entstehungszeit des Internets und den damit verbundenen Cyberutopien. Früher galt das Netz als neuer, freier und unkontrollierbarer Raum, als Ort des globalen Wissens und des Austauschs für alle – jenseits von Klasse, Geschlecht oder Herkunft. Heute stehen Dienste im Vordergrund und gesellschaftliche Strukturen haben sich ins Netz übertragen. Früher wählten wir uns mit dem Modem bewusst ins Internet ein. Nun betreten wir den virtuellen Raum unbewusst und sind mit ihm Eins. Katja Weber von DRadio Wissen diskutierte mit Philipp Borgers (Freifunker, Freifunk), Andreas Gebhard (Gründer und Geschäftsführer der re:publica TEN) und Jeanette Hofmann (Politikwissenschaftlerin und Direktorin des Alexander von Humboldt Institute for Internet and Society). Unser Produktionsteam war vor Ort, wer nicht teilnehmen konnte findet hier den Stream.


#netbeat_reloaded: Was sonst diese Woche noch los war

 

#nuitdebout ist immer noch aktuell. Und das am (nach bewegungsinterner Zeitrechnung) 58. März, also exakt 28 Tage nach dem ersten Zusammenkommen der französischen Aktivistengruppe am letzten Märztag diesen Jahres. Das Zuhause der Bewegung ist der Place de la République in Paris. Dort kommt das junge Akademikermilieu zusammen um seiner Unzufriedenheit mit dem Establishment aus Politik und Wirtschaft Ausdruck zu verleihen. Ursprünglicher Auslöser war eine geplante Reform des Arbeitsgesetzes. Die Regierung ist eigentlich glücklich mit der neuen Abendbeschäftigung der Jugend. Allemal besser als in Richtung des Le Pen Clans abzudriften. Jeden Abend 3 bis 4 Stunden Generalversammlung, im Anschluss vielleicht noch ein Konzert, das lässt sich durchaus aushalten – sogar Yanis Varoufakis ließ sich schon blicken. Aber ob es wirklich realpolitische Veränderung bewirkt? Zweifel sind berechtigt. Von Parteien und anderen politischen Akteuren halten sich die „Aufrechten“ bewusst fern, mit dieser Taktik wollen sie eine Personalisierung der Bewegung verhindern. Das der Schritt vom Besetzen öffentlicher Plätze ins politische Tagesgeschäft kein einfacher ist, mussten unlängst die spanischen Genossen erfahren. So erreichte die aus der Bewegung der „Indignados“ entstandene Protestpartei Podemos bei ihrer Wahlpremiere zwar auf Anhieb 20 Prozent, tat sich aber in den anschließenden Koalitionsverhandlungen schwer, geeignete Partner zu finden. In Paris ruft man schon bald zur Internationalisierung auf – am 15. Mai soll auf vielen Plätzen dieser Welt #globaldebout starten.
BT

 

Screenshot Reporter ohne Grenzen

Screenshot Reporter ohne Grenzen

„Lügenpresse“ und Übergriffigkeiten von der Justiz und Nachrichtendienst. Auch in Deutschland verschärft sich das Klima in Sachen Pressefreiheit. So hat die Bewegung um Pegida, die zum Teil aggressiv gegen Journalisten vorgingen, und beispielsweise die Ermittlungen im August 2015 gegen Netzpolitik dazu geführt, dass Deutschland im Ranking von Reporter ohne Grenzen abrutscht. Lesenswert ist dazu die Nahaufnahme. Die Causa-Böhmermann konnte da noch keiner erahnen. Aber auch weltweit steigt der Druck auf Journalisten. Bewaffnete Konflikte in Libyen oder Jemen und Autokraten von Erdogan bis Putin tragen dazu bei. Die nordischen Länder gehen, wie bereits in den letzten Jahren, positiv aus dem Ranking hervor.
TH

 

Korallenriff (Bild: gemeinfrei)

Korallenriff (Bild: gemeinfrei)

Zum Stand der Dinge: Das Anthropozän. Ende letzten Jahres ist ein interdisziplinärer Band zum diskutierten Begriff erschienen. Das Anthropozän-Projekt ging dem Buch voraus, durchgeführt durch das Haus der Kulturen und finanziert durch den deutschen Bundestag.

Seit 2000 geistert der Begriff durch die Feuilletons und Blogs, mal im Zusammenhang mit dem Klimawandel, mal mit der Welternährung oder wenn es um die gegenwärtige philosophische Bewertung vom Mensch in der Welt geht. Durch ein buntes Teilnehmerfeld an Autoren versucht die Anthologie eben jenem Spannungsfeld gerecht zu werden. Und so ist vom „animal turn“ zu erfahren, der das Verhältnis von Mensch und Tier zurechtrücken soll, genauso wie von völkerrechtlichen Überlegungen, bei denen es um die Aufteilung von 75% der Erdoberfläche geht – unseren Meeren, die weitesgehend unkontrolliert ausgebeutet werden.

Empfehlung für die, die sich einen Überblick über den gegenwärtigen Diskurs verschaffen wollen.TH

Kleiner Spass mit dem BMAS.  Da hat sich das Peng Collective mal wieder einen kleinen Spass erlaubt. Nach Tortengesicht und Google-Nest trifft es diesmal das Bundesministerium für Arbeit und Soziales. Ein Blick auf die Homepage lohnt sich, denn „Deutschland sagt Sorry“. BT

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